Die Ohnmacht des Mittelbaus hat nicht nur System, sondern auch eine Geschichte. Schon für manche Probleme wurde eine Lösung gefordert – von Seiten des Mittelbaus, aber auch vom ehemaligen Rektor. Das zeigen etwa vier Dokumente, die der etü erstmals veröffentlicht.
Wenn an der Universität Zürich ein Institut evaluiert wird, ist das eine epische Angelegenheit. Alle Tätigkeitsbereiche sind betroffen: Lehre, Forschung, Administration – und auch der Umgang mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs. Alle Stände dürfen Stellung nehmen – darunter auch der Mittelbau. Und neben der internen Evaluationsstelle schreibt auch ein externes ExpertInnengremium einen ausführlichen Bericht.
Zuletzt geschah dies am Historischen Seminar zwischen 2012 und 2014. Das ist deshalb relevant, weil damals auch die Doktorierenden, Post-Docs und wissenschaftlichen Mitarbeitenden ausführlich zu ihrer Situation Stellung nahmen. Und weil die Schlussempfehlungen des Rektors einige Punkte enthalten, welche die Situation des Mittelbaus direkt betreffen – und zwar bis heute.
Wir publizieren vier relevante Dokumente aus diesem Evaluationsprozess.
Datum: 26. September 2012
Verfasser: Sechs Mittelbau-VertreterInnen, von der Mittelbau-Versammlung für gut befunden
Relevant:
«Die häufigste Anstellung beträgt 50%. Die tatsächlich geleistete Arbeitszeit übersteigt jedoch die bezahlten 21 Wochenstunden üblicherweise deutlich. Hier ist ein ehrlicherer Umgang mit Arbeitszeit und Entlöhnung ebenso wie eine den Zürcher (Lebenskosten) angepasste Entlöhnung dringend erforderlich.»
«Das Hauptproblem auf Promotionsstufe bildet indessen nach wie vor die tiefe Abschlussquote derjenigen Doktorierenden, die gleichzeitig als Assistierende am Historischen Seminar angestellt sind.»
Datum: 21. Februar 2013
Verfasser: Sechs Mittelbau-VertreterInnen
Relevant:
«Des weiteren erscheint es unverständlich, dass die UZH (…) so wenig für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie (Kinderbetreuungsplätze) bzw. Dual Career-Services unterhalb der Professorenebene tut.»
Datum: 13. Mai 2014
Verfasser: Michael Hengartner, damaliger Rektor der Universität Zürich
Relevant:
Datum: Zwischen Juni und Oktober 2014
Verfasser: Gemeinsamer Text von Unileitung, Philosophischer Fakultät und Historischem Seminar (entspricht grösstenteils den Empfehlungen des Rektors)
Relevant:
In den Dokumenten wurden die Namen von Personen, die kein universitäres Amt bekleiden, zum Schutz ihrer Privatsphäre geschwärzt.
Update: Seminarvorstand widerspricht
In einer erneuten Stellungnahme gegenüber dem etü betont der Vorstand des Historischen Seminars, die Empfehlungen des Rektors aus dem Schreiben vom 13. Mai 2014 seien «an einer Sitzung am 3. Juni 2014 einvernehmlich fallengelassen» worden, und zwar «im Beisein von Rektor, Prorektor, Dekan, VertreterInnen der Evaluationsstelle – und einer sechsköpfigen Delegation des Mittelbaus». Im Fall der Empfehlung zur Einrichtung einer Ombudsstelle sei dies geschehen, weil man sich für ein anderes Vorgehen entschieden habe. Im Fall derjenigen zur lehrstuhlunabhängigen Verteilung von Mitteln, weil diese «auf irrtümliche Annahmen» gestützt gewesen sei.
Der etü-Mittelbau-Report
Gratisarbeit, Abbrüche, schlechte Betreuung: Nachwuchsforschende sind unter Druck – auch am Historischen Seminar. Über ein halbes Jahr haben wir dazu recherchiert, unzählige Gespräche geführt, Dokumente ausgewertet, eine Umfrage auf die Beine gestellt – und dabei einiges zutage gefördert.
Hier geht es…
… zum Haupttext «Einzelfälle mit System».
… zum Interview mit Seminarvorstand Simon Teuscher.
… zu den Details der etü-Umfrage.
… zu vier Dokumenten, die wir erstmals veröffentlichen.
Weitere Hinweise an: mittelbau@etue.ch