«Männerbastion HS gefallen» titelte der etü im Herbst 2003. Lange hatten die Studierenden des Historischen Seminars auf die erste Professorin gewartet, bis in diesem Jahr mit Nada Boškovska, Gesine Krüger und Francisca Loetz gleich drei Frauen nach Zürich berufen wurden. Die Berufungen glichen einem Befreiungsschlag eines über Jahre währenden Kampfes um weibliche Mitgestaltung am HS, den der etü publizistisch mitprägte.
Doch zurück zum Anfang: 1969 wurde der Zürcher Historiker (ZH) von einer kleinen Gruppe Geschichtsstudenten gegründet. Der Name des Magazins war Programm: Frauen gab es zu Beginn weder als Mitglieder in der Redaktion noch als Thema im Heft – und auch sprachlich wurde durchgehend das generische Maskulinum verwendet. Erst Mitte der 1970er-Jahre tauchen die ersten Artikel zur Lage der Studentinnen am Historischen Seminar auf. So richtig zum Thema wurde die Ungleichbehandlung der Geschlechter aber erst 1979, als der ZH dem Thema eine ganze Ausgabe widmete. Unter dem Titel «Gibt es ein Frauenproblem am HS?» wurde eine Umfrage unter Studentinnen und Studenten durchgeführt, die erschreckende, wohl aber nicht weiter erstaunliche Ergebnisse lieferte: So liessen einige Studentinnen verlauten, dass sie sich nach wie vor nicht wirklich ernst genommen fühlten, wenn Professoren beispielsweise eine Seminargruppe mit «meine Herren» ansprachen oder eine Arbeitsgruppe, die ausschliesslich aus Frauen bestand, als «Damenkränzchen» bezeichneten. In selbstkritischer Manier wurde auch eine Antwort einer Studentin zitiert, welche beklagte, dass ihr sogar beim ZH das Amt der «Kaffeetante» zugeschrieben worden sei.
In den 1980er-Jahren erstarkte schliesslich das Interesse nicht nur an der aktuellen politischen und sozialen Position der Frauen, sondern auch an frauengeschichtlichen Themen und feministischen Theorien. Zu Beginn des Jahrzehnts benannte sich das Magazin in Zürcher Historikerin um und Frauenthemen wurden deutlich präsenter im Heft. In Form von sogenannten freien Tutoraten, welche zwar von Studierenden organisiert, aber vom HS abgesegnet und finanziell unterstützt wurden, wurden die theoretischen Grundlagen der feministischen Theorie diskutiert und anhand von Quellen Zugänge zur Frauengeschichte gesucht. Genau dies scheint aber nicht immer reibungslos vonstatten gegangen zu sein: So kam es mehrmals vor, dass frauengeschichtliche Tutorate von der Professorenkonferenz nicht bewilligt wurden. 1991 veranlasste ein solcher Entscheid den etü sogar zu einer Sonderausgabe mit der wütenden Überschrift «Frauen- und Geschlechtergeschichte ABGELEHNT!».
Ab Ende der 1980er-Jahre war mit der Forderung nach der Institutionalisierung der Frauen- und Geschlechtergeschichte immer mehr auch die Forderung nach der ersten Professorin verknüpft. Das erste Mal laut wurde der Ruf nach dem Durchbrechen des rein männlichen Professorengremiums im etü 1989 mit der Überschrift «Her mit den Professorinnen!». Im Rahmen der zahlreichen Neubesetzungen von Lehrstühlen in den 1990er-Jahren wurde dieser Ruf immer lauter. Immer wieder setzten die Studierenden Frauen auf den ersten Listenplatz und mussten danach im Magazin ihrem Ärger Luft machen, wenn schon wieder keine Frau berufen wurde. Noch im Frühling 2003 beklagte der etü: «Wieder keine Frau: Ein HS-Krimi in zu vielen Akten», nachdem die erstplatzierte Frau auf der Liste für die Neubesetzung des Osteuropa-Lehrstuhls nach einem – laut etü – unsauberen Berufungsverfahren abgesagt hatte. Nachdem der zweitplatzierte Kandidat ebenfalls abgesagt hatte, kam die ursprünglich drittplatzierte Kandidatin zum Zug und die Studierenden konnten sich im Herbst desselben Jahres endlich über die neue «Frauenfront» bestehend aus Nada Boškovska, Gesine Krüger und Francisca Loetz freuen.
Wer die Ausgaben des etü in dieser Zeit durchblättert, stellt etwas irritiert fest, dass die Forderung nach mehr Professorinnen und besseren Karrierechancen für Frauen bis ins Jahr 2003 zwar in jedem Heft noch ein bisschen lauter wurde, jedoch – mit der Berufung von drei Frauen in diesem und einer weiteren im nächsten Jahr – komplett verstummte. Zwar haben sich geschlechterhistorische Themenartikel einigermassen etabliert, doch (uni)politische Fragen, die dem Verhältnis der Geschlechter nachgehen, sind ab Anfang dieses Jahrtausends selten geworden. Offensichtlich gab es nach der Berufung der ersten Professorinnen aus Sicht der Studierenden – oder zumindest der etü-Redaktionsmitglieder – in Sachen Frauenförderung nichts mehr zu kämpfen.